Weltmeister Mario Götze war da und Tausende Fußballfans, als drei Wochen vor Weihnachten der FC Bayern München seinen neuen Shop im Oberhausener Centro eröffnet.
Doch mit dem Fangeschäft kam auch massiver juristischer Ärger. In der kommenden Woche muss sich der FC Bayern in gleich zwei Verfahren vor dem Arbeitsgericht verantworten.
Der Hauptvorwurf, so der „Spiegel“ in seiner neuesten Ausgabe: massive Verstöße gegen das Datenschutzgesetz. Was im neuen Bayernshop passiert, wird von beinahe so vielen Kameras verfolgt wie ein durchschnittliches Bundesligaspiel: Neun hängen im Verkaufsraum, zwei weitere überwachen den Sozialraum des Shops.
Einer Beschäftigten reichte es Mitte Dezember: Sie fordert den Abbau dieser Kameras, die Löschung der Daten und 5000 Euro Schadenersatz. „Eine Überwachung von Sozialräumen ist schlicht rechtswidrig“, so der Essener Anwalt für Arbeitsrecht, Christian Nohr. Vorher, im deutlich kleineren Shop, gab es nur eine Kamera – und die war im Verkaufsraum. Zudem konnten die Mitarbeiter auf einem Monitor sehen, was die Kamera aufnahm und im Falle eines Diebstahls mit der Polizei die Aufnahmen auswerten.
Hoeneß: „Anfangs haben wir rote Zahlen gemacht“
Heute wissen sie nicht einmal, wo sie in München anrufen sollten, um im Falle eines Falles an die Bilder zu kommen. Auch, dass Ende November alle Mitarbeiter vor einer weißen Wand fotografiert wurden, legt nach Ansicht von Rechtsanwalt Nohr nahe, dass per Gesichtserkennung eine lückenlose Überwachung der Mitarbeiter geplant ist. Nohr vermutet in der deutlichen Ausweitung der Überwachung denn auch weniger Diebstahlsprävention als den Einzug einer neuen Unternehmenskultur.
Die habe mutmaßlich auch zur Kündigung des bisherigen Shopleiters geführt. Der 50-Jährige, treue Bayernfan hat seit fast 19 Jahren die Geschicke des Shops geleitet, der so etwas wie die Bayerische Fußball-Botschaft im nicht immer FCB-freundlichen Revier ist.
So räumte der damalige Vereinspräsident Uli Hoeneß 2012 ein: „Anfangs haben wir da rote Zahlen gemacht. Aber ich habe gesagt: Der Shop muss sein.“ Damit die Schalke- und Dortmund-Fans im Centro an den Bayern-Devotionalien vorbeilaufen müssen…
Unternehmerisch sind die Zeiten rauer geworden
Doch unternehmerisch sind die Zeiten für den FC Bayern im Revier offenbar rauer geworden. Wie der Spiegel berichtet, sind die Umsatzzahlen im Geschäftsjahr 2014/2015 um rund eine halbe Million auf 1,9 Millionen gesunken. Obwohl der neue, größere Shop darauf deutet, dass man im Fußballwesten weiter nach vorne spielen will, sehen die Münchener Manager den bisherigen Shopleiter offenbar nicht mehr im Kader: „Ich habe halt das Maul aufgemacht“, meint er. Die neue Unternehmenskultur mit vielen in seinen Augen falschen Vorgaben – so sollte er zur Oktoberfestzeit Trachten verkaufen – und an Schikane grenzenden Vorschriften nahm er nicht widerspruchslos hin.
Am Tag der Eröffnung soll es hinter den Kulissen gekracht haben. Das Unterstützungsteam aus München habe sich mehr um Mario Götze und das Büffet gekümmert als um die vielen Tausend Kunden. Der Shopleiter klagt, er habe nicht einmal genug Personal bekommen, um eine zweite Kasse zu öffnen. Das wiederum legt ihm wohl München als Fehlplanung aus.
Versuche zur gütlichen Einigung schlugen offenbar fehl, der Shopleiter nahm sich anwaltlichen Beistand. Und als Arbeitsrechtler Christian Nohr im Namen seines Mandaten die Überlegung in den Raum stellte, ob es angesichts der Mitarbeiterbeschwerden nicht sinnvoll sei, einen Betriebsrat zu gründen, wurde dem 50-Jährigen am 29. Januar fristlos gekündigt.
Eine Begründung gab es bislang nicht – auch keine Reaktion auf Medienanfragen. Vor dem Arbeitsgericht dürften die Vertreter des größten Sportvereins der Welt einen schweren Stand haben. Es gab bereits ein Versäumnisurteil: Zum ersten Termin wegen der Videoüberwachung am 6. Januar erschien niemand. Dreikönige ist in Bayern schließlich Feiertag.
Versäumnisurteil kassiert, Hausverbot für Klägeranwalt
Ein schnellerer Konter gelang dem Verein, nachdem Anwalt Nohr sich im Fanshop umsah und bat, die Sozialräume sehen zu dürfen. Der Mitarbeiter versuchte, aus München eine Erlaubnis zu bekommen, erreichte niemanden. Nohr verzichtete dankend – und bekam tags drauf die rote Karte: Hausverbot für den Centro-Shop. Was dazu führen kann, dass der FC Bayern ein weiteres Mal in Oberhausen antreten muss. Nohr klagt vor dem Amtsgericht darauf, den Fanshop wieder betreten zu dürfen. Dabei ist er eigentlich Schalke-Fan.
Stephan Hermsen – 21.02.2016
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