Die Schließung des Standorts konnten die Proteste der Belegschaft des Metalsa-Werks (vormals ISE) nicht verhindern. Jetzt wehren sie sich vor dem Arbeitsgericht gegen die Kündigungen durch den mexikanischen Konzern.Foto: WAZ FotoPool
Süd.  Den Auftakt des Mammutverfahrens vor dem Duisburger Ar­beitsgericht, bei dem knapp 90 Beschäftigte des Metalsa-Werks (vormals ISE) auf dem HKM-Gelände gegen ihre Kündigungen klagen, dürfen die Betroffenen als Erfolg werten. In den zehn Fällen, die am Mittwoch vor der fünften Kammer verhandelt wurden, signalisierte Dr. Oliver Vollstädt, Anwalt des Metalsa-Konzerns, Kompromissbereitschaft für Vergleiche nach dem Wunsch der Beschäftigten.
Die Klärung der Frage, ob außerdem Ansprüche auf Ausgleichszahlungen für nicht erfolgte Investitionen im Duisburger Werk bestehen, soll abgetrennt werden und in einigen wenigen Musterverfahren behandelt werden. Darauf verständigten sich beide Seiten mit Richterin Wachtel, die durchblicken ließ, dass sich die übrigen Kammern diesem Weg anschließen könnten.

Die Kündigungen

Beflügelt wurde die Kompromissbereitschaft des Arbeitgeber-Anwalts durch die Richterin. Wie von Anwalt Christian Nohr beanstandet, ist auch sie der Ansicht, dass schon die ersten, im Juli 2013 ausgesprochenen Kündigungen aus formalen Gründen unwirksam sind. Das Zeichen von Geschäftsführer Hoffmann sei lediglich ei­ne Paraffe, nicht die erforderliche Unterschrift mit vollem Namen. „Die besseren Argumente sprechen gegen eine Unterschrift“, so die Vorsitzende, die allerdings auch „gute Gründe“ für eine Wahrung der Schriftform erkannte. Gut genug dafür, dass eine andere Kammer des Arbeitsgerichts die gleiche Kündigung aus diesem Grund nicht gekippt hat.
Die Vergleiche
Zumindest für alle Klagen, die vor der Fünften Kammer verhandelt werden, hätten die Beschäftigten gute Aussichten auf Erfolg, käme es denn zu einem Urteil. Bis auf eine noch ungeklärte Ausnahme wird das für die zehn Fälle vom Mittwoch wohl nicht notwendig sein, weil ein Vergleich möglich ist. „Wir schauen uns die Einzelfälle an und versuchen eine Lösung“, bot Metalsa-Anwalt Vollstädt an. Die Parteien einigten sich in neun Fällen auf folgende Richtung: Die Betroffenen akzeptieren Änderungskündigungen für ei­nen Wechsel ins Werk in Witten, arbeiten dort noch sechs bis zwölf Monate und scheiden dann mit Abfindung aus. Diese Option gebe es für weitere Mitarbeiter, deutete Anwalt Vollstädt an. „Es gibt noch eine Vielzahl von Arbeitsplätzen, wir können gute Lösungen erzielen.“

Zahlungsansprüche
Hat ISE , wie im 2008 abgeschlossenen Vertrag zur Beschäftigungssicherung vereinbart, Millionen in den Standort Duisburg investiert? „Ja“, sagt Metalsa-Anwalt Dr. Vollstädt, und das sei auch ausreichend belegt. „Nein“, meint Christian Nohr, Anwalt der Kläger. „Maschinen, die aufgestellt wurden, hat nicht ISE finanziert, sondern die Autokonzerne, die die Aufträge erteilten.“ Deshalb fordert er, wie im Tarifvertrag vereinbart, einen Ausgleich für die Arbeitnehmer, die ihrerseits durch Lohnverzicht einen Sanierungsbeitrag leisteten.

„Die Arbeitnehmer wissen nicht was investiert werden sollte. Ihnen ist die Grundlage genommen, ihre Ansprüche zu berechnen“, stellte Richterin Wachtel in diesem Punkt eine Entscheidung zugunsten der Beschäftigten in Aussicht. Es geht bei 160 Beschäftigten – für jeden geht es nach Ansicht von Anwalt Nohr um mindestens 20 000 € – um mindestens 3 Mio €. Musterkläger sollen Beschäftigte sein mit Rechtsschutzversicherung – die haben signalisiert, den Weg durch die Instanzen mitzugehen.

Martin Ahlers – 16.01.2014
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